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Die Webseite von Norbert Hufler

Moped-Ersatz: Elektro-Fahrrad!

Prophete

Nach dem wehmütigen Verkauf meiner Kawasaki Z650 im Dezember 2016 schaffte ich mir als Ersatz ein E-Bike an, das einige Vorteile bietet: Es ist weit weniger schwer (30 statt 230 Kilo), braucht weder Benzin noch Versicherung/Steuer, und ich kann damit die Wälder und Felder erkunden, an denen ich vorher vorbeigedüst bin... Ein sehr guter Tausch, mit dem ich vollauf glücklich bin! Nur selten kommt noch etwas Wehmut auf.

Dabei habe ich sogar ein echtes Schnäppchen gemacht: Bei LIDL-online hatte ich dieses Rad entdeckt, Auslaufmodell, von 1.600 Euro runtergesetzt auf 880 Euro, inklusive Versand! Noch vor dem Jahreswechsel kam es bei mir an."prophete" war sein Name; nicht unbedingt eine berauschend bekannte Marke, aber dennoch nicht gänzlich unbekannt.

Im Frühsommer 2017 habe ich nicht mal mehr einem Motorrad nachgesehen, wenn es an mir vorbeidüste. Schmerz und Sehnsucht waren wie weggeblasen; im Gegenteil bedauerte ich manchmal die Jungs, die bei der Hitze unter dem Helm und über dem dampfenden Motor schwitzten, meist sogar zusätzlich in den schweren Klamotten!

In der Zeit, die ich früher zum Anziehen und zum Warmlaufen der Maschine gebraucht hatte, bin ich heute schon zehn Minuten auf Achse: Mit leichtem Fahrradhelm und im luftigen Top, oder auch ohne. Jedenfalls ohne Helm. Dazu kommt, dass ich nicht mehr auf herrlichen Landstraßen an Äckern, Feldern und Wäldern vorbeidüsen muss, sondern hinein gondeln kann und diese wunderbare Natur auf neue Art erleben darf. Sicher: Geiles Kurvenräubern ist nicht mehr, trotzdem macht es einen Riesenspaß, mit meinem bisherigen Rekord von 28,1 km/h bisher unbekannte Grenzen beim Radfahren zu erleben! Und das absolut Tolle ist, dass ich - im Gegensatz zu anderen eBikern, die ich kenne - bei meinem Rad keinen Widerstand beim Treten haben muss, weil sonst das Motörchen die Arbeit einstellt: Mein Vorderradmotor zieht mich, wenn ich nur die Pedale ein klein wenig in Bewegung halte! Okay; dabei reicht der Akku halt nur 35 Kilometer statt (mit Widerstandstreten) 90 km, aber ich werde quasi gefahren. Und 35 Kilometer bei einem Ausflug sind sicher nicht zu verachten!

Ein Vorderradmotor soll ja gegenüber einem Mittelmotor Nachteile haben, was mir aber egal ist, denn: Ich werde tatsächlich spürbar gezogen, wenn ich auf volle Leistung schalte! Etwa so, als wenn man in einem kleinen Anhänger dem Pferd davor einen Pfiff gibt, und es trabt plötzlich los! Ja okay, nicht so heftig, aber dennoch wohlig und freudig bemerkbar.

Toll ist es auch, Mofaroller zu jagen, die stinkend und extrem laut vor mir herfahren mit ihren behelmten Piloten! Kürzlich ist es mir sogar gelungen, einen Sieg zu erringen: Na ja, der Fahrer war mehr als doppelt so schwer wie sein Mofa, dennoch erkannte ich seinen überraschtes Kopfzucken, als ich leichtfüßig an ihm vorbeirollte...

Wie ihr an diesen Zeilen unschwer erkennt: Ja, ich bin glücklich damit! Schon viele Jahre konnte ich keine größeren Fahrradausflüge mehr machen, weil mein Knie die Belastung verweigerte. Und jetzt jucken mich weder Gegenwind, Brückenaufgänge noch traktorzerrissene Feldwege. HERRLICH! Dennoch werde ich natürlich niemals diese vielen Jahre mit meinem 'Mädel' vergessen, und mit der Zeit wird sicher die Erinnerung an die wunderbaren Erlebnisse die Oberhand behalten.

Vorbericht

Der leicht gebogene Lenker passte mir nicht, ich hatte das Vorderrad schlecht im Griff; schließlich war ich durch meine Moppeds die eher geraden Lenker gewohnt: Nach 46 Jahren schüttelt man so eine Gewohnheit nicht einfach ab! Zudem war mir die Lenkerhöhe zu niedrig, ich wollte aufrechter sitzen, mein Genick moserte. Sitzen? Auch ein Thema, bei dem mein Kreuz unwillig war: keine Sattelfederung in der Stütze vorhanden! Der Sattel selbst war mir zu ungepolstert, nämlich gar nicht, und somit für mein recht ungepolstertes Hinterteil entschieden zu hart. Und noch eine Gewohnheit vom Moppedfahren fehlte, Rückspiegel! Unabdingbar! Zumindest links. Wie schnell bin, wie weit bin ich gefahren? Keine Ahnung ohne Tacho mit Kilometerzähler! Dabei ist letzterer ungeheuer wichtig, um abschätzen zu können, wann der Akku leer sein wird; gegen 28 Kilometer Strecke wird es Zeit dafür, bei meiner faulen Tretweise. Ohne Akkuleistung ist das Rad äußerst schwer zu bewegen, wenn man keine ausgesprochen Radlerbeine hat mit entsprechend muskulärem Rücken darüber; ich kann zwei Lieder davon singen, nämlich ausgerechnet jedes mal, wenn es leicht aufwärts ging! 
Ohne Tacho ginge es natürlich auch, aber es würde sicher Spaß machen zu sehen, mit welch irrwitziger Geschwindigkeit ich unterwegs wäre! Zumindest mit geladenem Akku...

Also musste um- und aufgerüstet werden. Dazu kam noch ein Korb für den Gepäckträger, weil ich keinen Bock hatte, meinen Einkaufsrucksack auf dem Rücken durch die Gegend zu fahren; dazu ist ja ein Gepäckträger schließlich da. 
Nach zwei platten Reifen, die ich mir im Abstand von rund zwei Monaten geholt hatte, rüstete ich um auf "unkaputtbare" Reifen, nämlich mit einer Art Metallgitter unter der Reifendecke. Dabei stellte ich überaus verwundert fest, dass ich beim Einbau des Hinterrades nicht nur enorme Schwierigkeiten hatte, sondern sogar das komplette System der Gangschaltung dort schrottete: Hatte ich gedacht, dass das so einfach ist wie bei einem normalen Fahr- oder Motorrad? Na klar! 
Eine Werkstatt musste das erledigen, was nicht nur überaus peinlich für mich war als jahrzehntelangem erfolgreichem Schrauber an Motorrädern, sondern auch nicht gerade preiswert, aber dennoch akzeptabel. 

Insgesamt hatte ich etwa 150 Euro zusätzlich investiert, inklusive dem Werkstattbesuch. Aber ich war glücklich mit diesem Rad!

Ein Sattel ohne richtige Funktion

Der September hatte gerade begonnen am Fünften dieses Monats, die Zeit übermäßiger, drückender Hitze hatte sich gemildert zu weniger drückender Hitze, einige Regentropfen schauten bei uns vorbei, und ein paar davon landeten sogar auf der ausgedörrten Erde, wo sie nutzlos verdampften.

Diese herrliche Zeit nutzte ich, um mit meinem elektrischen Drahtesel, kurz eRad, durch die Gegend zu gondeln. Zu diesem Begriff muss ich dringend erwähnen, dass ich kurz vorher, Ende August, zu Besuch bei meiner liebsten Kusine im herrlichen Altmühtal war. Dies ist natürlich kein Grund, ein EBike umzutaufen; der eine Grund war das Angebot der Bahn mit ihrem 9 Euro-Ticket, der andere, dass wir uns über die übermäßigen Anglizismen in der deutschen Sprache aufregten, egal, wie wir auf dieses Thema kamen. Also heißt mein EBike  jetzt eRad. Basta. Hm; konsequenterweise müsste ich den Ausdruck  Anglizismen auch durch ein deutsches Wort ersetzen; aber erstens fällt mir auf die Husche keines ein, und außerdem: Ganz ohne fremdgewandete Worte scheint die deutsche Sprache doch nicht auszukommen. Echt blöd.

Nun denn: Ich fuhr also so vor mich hin, als ich plötzlich das Gefühl hatte, auf meinem eRad kleiner geworden zu sein! Genau betrachtet, war nicht ich das, sondern mein Sattel! Und noch genauer betrachtet, war es auch nicht der Sattel! Wie hätte ein einfacher Sattel das auch zustande bringen sollen? Aber in der Tat: Ich saß plötzlich niedriger.

Mein fachmännisches Auge erfasste sofort nach dem Absteigen – das mir aus dieser niedrigen Höhe ungewohnt schwer fiel, trotz – oder weil? - tief gelegen Damenrahmen  - , dass etwas nicht stimmte. Gewiss hätte das auch ein weniger gewiefter Mensch erkannt, aber ich bin halt ein ausgebuffter Fuchs und stellte sofort fest, dass ich gleich heulen würde..:. Ist es denn möglich, dass irgend jemandem außer mir so etwas passieren kann?

Die kurze Sattelstange war ursprünglich mit einem Gewinde zu einer längeren Stange verschraubt, die eine Feder enthält. Im Volksmund nennt sich so etwas Sattelfederung, jedenfalls dann, wenn der Volksmund weiß, was das ist. Ich wusste es. Aber ich wusste bis dato nicht, dass eine solche Gewinde-Zusammengehörigkeit sich lösen konnte, aus welchen Gründen auch immer.

Der Effekt war jedenfalls nicht nur, dass ich vom Sattel ab an Höhe verloren hatte, sondern auch die damit verbundene, hochgeschätzte Federung! Sie war nämlich in das Rahmenrohr gerutscht, das eigentlich für die Befestigung dieser Sattelstütze verantwortlich ist. Sehr ungeschickt dabei war, dass die Stahlfeder in einem Rohr platziert war, dieses aber mitsamt dieser Feder in den Stahlrohrrahmen des Rades abgerutscht war, in fast unermessliche Tiefen...

Der abgebrühte Fuchs in mir, der ja schon Vielerlei Blödsinn erlebt hatte, schaute nur äußerst dämlich auf dieses Kunststück, das mein Sattel und seine Halterung hier vorgeführt hatten.

Ja, isses denn wahr? Klar, meinte mein geistig-seelischer Zwilling in seiner ironischen Art: Haben wir nicht schon genug Dinge erlebt, die aus dem Rahmen fallen? Und jetzt fällt sogar etwas IN einen Rahmen! Ist das nicht köstlich? Ein Novum! Ich fühlte und sah seine Heiterkeit, wie er sich vor Lachen kugelte, der Depp.

Mein normales Ich aber war nur völlig sprachlos. Aber insgeheim dachte ich tatsächlich: So etwas kann doch wirklich nur dir passieren!

In den nächsten Tagen probierte ich einiges aus, was mir so in den Sinn kam, um diese vermaledeite  Tiefenstange aus dem Rohr zu holen; ich erspare euch Einzelheiten. Auch holte ich Tipps von Bekannten ein, aber auch die waren nicht erfolgreich. Als ich das Rad auf den Kopf stellte und mit einem Gummihammer gegen den Rahmen schlug, fiel immerhin die Stahlfeder heraus, was mir aber in keiner Weise etwas nützte.

Schließlich fuhr ich zu einem Fachgeschäft, das von Außen überhaupt nicht diesen Eindruck vermittelte: Kein Firmenschild draußen, und drinnen eher eine große Garage, vollgestopft mit Fahrrädern und Teilen! Kein Tresen, und ein Weg war auch nirgendwo zu erkennen. Dieses Tohuwabohu erschien mir aber irgendwie sympathisch, und der ältere, beleibt-gesetzte, sehr ruhige Besitzer ebenso. Er sah sich mein Dilemma an und verbrachte sicher eine dreiviertel Stunde mit murmelnden Selbstvorschlägen und allerlei seltsamen Werkzeug an diesem versenkten Rohrstück im Rohr des Rahmens. Zwischendurch ging er zwei Häuser weiter in sein Lager und suchte dort etwas, während ich drei Häuser weiter in einem Penny-Markt ein paar Geflügel-Käse-Würstchen gegen das Grollen in meinem Magen erstand.

Schließlich gestand er, dass wohl nicht anderes helfen würde als der Versuch, von unten heranzukommen: Die Tretlager der Pedale ausbauen und mit einer biegsamen, aber doch widerstandsfähigen, dünnen Metallstange das Sattelrohr irgendwie nach unten zu schieben, während das Rad auf dem Kopf steht, bis das blöde Ding herausfällt. Aber heute leider nicht mehr, es ist Freitag und gleich Feierabend.

Mir kam die Idee, dass man es vielleicht mit einem Gewindeschneider versuchen könnte? Man bräuchte ja nur etwa zwei oder drei Windungen, und dann könnte man das Rohr herausziehen. „Gute Idee!“, meinte er, „aber Haben!“ Na ja, warum sollte ein Profitüftler so was auch haben müssen; für Fahrradreparaturen ist das eher selten zu gebrauchen. Ich solle doch mal einen Schlosser fragen! Aber wo gibt es heute noch eine echte Schlosserei?

Der nette Mensch verlangte nichts für seine Mühen, aber ich steckte ihm einen Fünfer in die Tasche seines Blaumanns.

Zum Schluss wollte ich noch wissen, ob ihm so etwas schon mal untergekommen sei? „In 35 Jahren nicht!“

Da haben wir's: So was kann doch wirklich nur mir passieren.

Auf dem Rückweg geriet ich in einen Wolkenbruch. Natürlich auf einer Strecke, auf der es keinen Unterstand gab. Seit über drei Monaten hat es nicht mehr geregnet! Muss ich dazu noch etwas sagen?

Nun werde ich also versuchen, eine Schlosserei zu finden, oder vielleicht eine Autowerkstatt, die einen Gewindeschneider ihr eigen nennt, und dann hoffentlich auch in der richtigen Größe. Die Fahrerei mit diesem Sattel ist nämlich nicht gerade die angenehmste Art der Radlerei, ich will versuchen, es zu beschreiben:

Allein schon das Schieben ist seltsam, wenn man gewohnt ist, dabei die rechte Hand am Sattel zu haben: dieser nämlich dreht sich bei der kleinsten Berührung einfach weg, er hat ja keinen Halt mehr, ohne die Sattelstange! Das dünne Teil unter dem Sattel steckt ja in dieser Sattelstange, die von Rechts wegen im Rahmenrohr fest fixiert wird und die jetzt unglücklicherweise zwar noch vorhanden, aber unerreichbar ist. Und schieben musst du oft genug: Vom Hof durch den Hausgang auf die Straße, in eine Parklücke vor dem Supermarkt …

Eine Eigenart, den Haus- oder Fahrradschlüssel aus Hosen- oder Jackentasche zu ziehen, musste ich auch aufgeben: Ich lehnte dabei das Rad immer mit dem Sattel an die Hüfte (es ist ja ein Damenfahrrad und deshalb keine Mittelstange vorhanden). Da aber vom Sattel her kein Widerstand mehr da war und er sich einfach wegdrehte, rutschte das Rad einfach an meiner Hüfte vorbei nach unten... Einfach lächerlich.

Nun kommt das Abfahren: Du trittst auf ein Pedal und willst aufsteigen, wie es viele Millionen Radfahrer tun. Du aber kommst dabei mit dem Oberschenkel kurz an den Sattel, der sich natürlich wegdreht! Es ist eine akrobatische Übung, mit Schenkel und Hintern den Sattel wieder so auszurichten, dass er passt. Inzwischen kannst du nicht treten, sodass der Elektromotor ausgeht und du zum Stillstand kommst! Also: Noch einmal von vorne. Inzwischen habe ich eine Technik entwickelt, die mit Sicherheit einen Zuschauer zum Lachen reizt, mir aber vollauf zupass kommt. Man gewöhnt sich an alles, wie auch an die seit Monaten nicht funktionierende Gangschaltung, die ich schon gar nicht mehr vermisse... Dieses Drama habe ich am Ende des letzten Buches beschrieben.

Das Fahren an sich ist auch etwas gewöhnungsbedürftig: Ich sitze quasi im Erdgeschoss, die Sattelhöhe ist um fast zehn Zentimeter abgerutscht. Deswegen ist der Lenker logischerweise um zehn Zentimeter höher: Easy Rider lässt grüßen! Du weißt auf Grund deiner Jugend nicht, was Easy Rider oder ein Chopper ist? Na, dann schau hier:

Nun, so ganz unbequem ist die momentane Haltung auf meinem eRadl nicht, das Bild vermittelt übertrieben meine Situation: Die ist nämlich eher entspannt, weil die Hand- und Armgelenke kaum beansprucht werden: das hat schon was für sich, weil sie fast waagrecht nach vorne zeigen. Und auch das lädierte Genick hat was davon, weil mein kluges Köpfchen (lacht da jemand?!) fast exakt gerade nach vorne schaut. Nur der Hintern kriegt oft Probleme: Die Sattelfeder liegt ja in meinem Keller, wo sie so unnütz ist wie vieles andere Zeug, das dort herumliegt. Und da die Straßen in unserer Gegend eher selten den glatten Asphalt einer Motorradrennstrecke aufweisen, gibt dieser magere Hintern die Schläge weiter, an die geschädigten Bandscheiben knapp darüber, bis hin nach ganz oben, zum vorher genannten Genick, das auch nicht mehr das jüngste ist. Bei der Hatz über quer laufende Straßenbahnschienen wackelt mir doch glatt die Brille bedenklich!

Zusätzlich nervt natürlich der Sattel, der ungehemmt der vorgesehenen Fixierung wackelt wie ein Kuhschwanz unter meinem Allerwertesten: Bei jeder Bewegung der Beine schwingt das dumme Ding hin und her, weil ja die Beine diese Bewegungen an das gemeinsame Ding darüber weitergeben. Aber auch hier haben mein findiger Geist und mein (manchmal) anpassungsfähiger Körper eine Lösung gefunden: Es sieht sicherlich genau so blöd aus wie das anfängliche Auf- und Absteigen, aber es wirkt! Man gewöhnt sich an alles... Auch das An- und Abfahren habe ich inzwischen völlig im Griff, ich kann mir kaum noch vorstellen, wie das auf einem normalen Fahrrad mit perfektem Sattel all die vielen Jahre so problemlos und normal funktionierte.

Nur selten noch, wie heute nach der Einkaufsfahrt, merke ich, dass ich doch noch nicht alles verinnerlicht habe: Das Rad rutschte an meinem Oberschenkel entlang, als ich den Hausschlüssel aus der Jackentasche ziehen wollte... Ich habe diese Peinlichkeit schon oben beschrieben. Ein Nachbar von zwei Häusern weiter schaute neugierig her, aber ich tat, als wenn das völlig normal und in Ordnung ist! Was im Prinzip ja auch stimmt. Jedenfalls momentan.

Ob ich das alles wieder in die Reihe kriege? Inklusive der Gangschaltung? Und wenn ja: Wie groß wird die Umstellung sein, ein ganz normales Fahrrad bewegen zu müssen?

Dieser Gedanke ist aber leider in weite Ferne gerückt.

Ich hatte tagelang, sofern es das Mistwetter erlaubte, einige Orte besucht, die hilfreich erschienen.

Bitte verzeiht den Ausdruck „Mistwetter“! Glücklicherweise hatte es oft geregnet, und die Natur dankte es mit dem Sprießen der vertrockneten Wiesen, Vorgärten und überhaupt allerorts! Ein Segen! Jedoch nicht für einen Radler, der mit seinem wackligen Sattel unterwegs ist; nicht mal für einen Radler, der gar nicht weiß, wie glücklich er sich schätzen darf, ruhig und in angenehmer Höhe auf seinem Radl zu sitzen.

Ich bemühte mich zu einer recht großen, bekannten Autowerkstatt, wo ich aber gleich am Empfang abgewiesen wurde, als ich mein Problem schilderte: „Haben wir nicht, keine Idee, machtlos! Schönen Tag noch!“ Beim Hinausgehen hinterließ ich einen Furz, direkt an der Empfangstheke.

Einen oder auch drei Tage später entdeckte ich eine Schlosserwerkstatt, wie mir ja der nette Herr von der chaotischen Radreparaturwerkstatt nahegelegt hatte, eine solche zu suchen:  Ein älterer Herr und zwei jüngere Gesellen mühten sich ebenso wie der Radmann vor über einer Woche (oder waren es schon zwei oder drei Wochen?). Plötzlich aber hielten sie inne: „Geht nix mehr jetzt, Mittagspause! Kommst du gucken später! Wir Lösung finden!“

Die Lösung später bestand darin, dass ich dem Chef mein Problem vortragen durfte. Der guckte dreimal in das Rohr, als könne er das versunkene Teil magnetisch mit seinem Auge an die Oberfläche ziehen und meint dann lapidar, „Geht nicht, keine Idee, machtlos!“ Diesmal hinterließ ich nichts.

Ich bin dann in einem Fahrradforum aufgetaucht, in dem ich schon mal Hilfe gesucht hatte, wegen meiner Gangschaltung, und habe dort mein Problem geschildert.

Erstens war es ja klar, dass dies ein Novum ist, keiner hatte so etwas je erlebt! Zweitens war die Überraschung riesengroß, weil innerhalb von vier Tagen rund 150 Kommentare geschrieben wurden! Diese Hilfsbereitschaft ist enorm! Allerdings sind die meisten Vorschläge für mich nicht umsetzbar gewesen, weil oft sehr exotisch. Zum Beispiel riet jemand, das Rohr mit Beton auszugießen, eine Gewindestange hinein zu stecken, und nach dem Aushärten diese Stange oben mit einer Mutter zu versehen und dann um diese große Mutter eine Kette zu winden, das Rad auf die Seite zu legen und die Kette an ein Auto zu binden und damit im ersten Gang langsam zu ziehen, während das Rad zum Beispiel an einem Baum mit einer anderen Kette festgebunden wird. Diese und ähnliche Ideen wurden sogar positiv bewertet!

Ich verfolge ja seit meiner Jugend den ironischen Grundsatz: "Warum einfach, wenn es auch umständlich geht?" Es musste also eine pragmatische Lösung geben, auch wenn die Findung seine Zeit dauert...

Hier mein Aufruf in diesem Fahrradforum voller Tüftler:

>>Hallo zusammen, bei meinem eBike ist mir was Blödes passiert: Die große Mutter an der Sattelstütze hat sich gelöst, und die komplette Stütze ist in den Rahmen gerutscht! Sie hängt dermaßen fest, dass ich das Rohr nicht wieder raus kriege: Rad umgedreht, mit Gummihammer auf den Rahmen geklopft (nur die Feder ist raus gefallen); mit Stöcken und ähnlichem Zeug versucht, sie raus zu ziehen; Fahrradwerkstatt: eine halbe Stunde mit den unmöglichsten Versuche unternommen (Kommentar: so was habe ich in 35 Jahren noch nicht erlebt...); Autowerkstatt wimmelte gleich ab; Schlosserei: ebenfalls mit einigen Dingen versucht, dann aufgegeben. Jetzt frage ich Euch, ob ich eine neue Sattelstütze draufsetzen kann? Die Tiefe bis zum versenkten Rohr beträgt 9,5 cm. Ist es denkbar, dass man eine neue Stütze auf die erforderliche Höhe absägen kann? Ein Fahren ist so schier nicht möglich, und ein neues Rad wegen so einem Blödsinn ist doch undenkbar... Vielen Dank für Eure Ideen! Norbert<<

Ich glaube es heute noch kaum, aber die Beteiligung war so umwerfend, dass es mich wirklich fast vom Hocker haute! Sicher kamen unglaublich viele Vorschläge, die ein echter Tüftler in seiner mit Werkzeugen aller Art vollgestopften Garage in Angriff nehmen könnte; oder es kamen Bemerkungen wie "Irgendwas hineinstopfen und irgendwie heraus drehen"... Toll! Aber es ist doch erstaunlich, dass sich insgesamt 47 Leute diesem Problem annahmen und sich insgesamt 244 Diskussionsbeiträge geliefert hatten! Den Beitrag meiner Lösung schließlich seht ihr hier:


Es erfolgten noch weitere Kommentare, aber bei #327 (!) sperrte der Administrator der Seite das Thema: Zwar sind auf meine Anfrage noch gute Vorschläge für eine Super-Sattelstütze eingegangen, aber die meisten Kommentare waren, wie auch schon zuvor, eher witziger Natur; ein Bruch dieses ursprünglichen Themas war also gegeben.

Ich entschloss mich endlich, nach stundenlanger, ja tagelanger Suche, wie es meine Art ist, eine neue Sattelstütze des Herstellers meines Rades zu erwerben, und zwar im Baumarkt in meiner Nähe, nur rund acht Kilometer entfernt. Und zwar zu einem Preis, der akzeptabel ist: 30 Euro. Der allgemeine Markt für gefederte Sattelstützen bewegt sich zwischen 20 und etwa 420 Euro. Ihr werdet verstehen, dass ich die 4 vor der 20 sofort eliminierte. Und auch weitere Zahlen wie 3, 2 und 1. Es werden aber auch Preise aufgerufen, die weit darüber liegen! Ich werde niemals verstehen, welche immensen Vorzüge eine Sattelstütze für fast 700 Euro haben soll...

Möglicherweise versprechen große Preise einen großen Komfort, wie das Wippen und Hüpfen auf meiner Couch, wenn ich ein Handball-Länderspiel verfolge. Aber muss ich auf einem Fahrradsattel, der erheblich schmaler ist als meine Couch, meinem Poppes die gleiche Bequemlichkeit gönnen? Schließlich gondele ich meistens durch die Gegend, von Überquerungen der Straßenbahngleise mal abgesehen, und auch von der Unfähigkeit der Bauingenieure, einen gleitenden Übergang von einem zum anderen Radweg der Straße zu schaffen; bis zu zwei Zentimetern sind hier manchmal zu überwinden! Na ja, manchmal pflüge ich auch durch Äcker und Wälder....

Ich habe also diese Sattelstütze im Rucksack nach Hause gefahren und dort klugerweise noch vor dem Abknipsen des Verkaufszubehörs probiert, wie leicht sich die Vorspannung der Feder regulieren lässt. Überraschung! Gar nicht... Mein Inbusschlüssel passte zwar, aber er ließ sich nicht drehen, nicht mal mit halber Gewalt! Ja, isses denn wahr!?

Schulterzuckend nahm ich das hin als ein weiteres Denkmal, das zu dem Gesamtwerk dieser Story hinzu gefügt werden musste. Typisch Hufi eben.

Es war Samstag, und ich konnte erst wieder am nächsten Dienstag zum Baumarkt radeln. Natürlich hätte ich das auch schon vorher gekonnt, was aber echt doof gewesen wäre: Erstens kommt regelmäßig nach einem Samstag ein Sonntag, und zweitens kommt regelmäßig jedes Jahr ein Feiertag, der diesmal auf den Sonntag folgte: Der Tag des Endes der Deutschen Zweiheit, der 3. Oktober.

Am Dienstag begab ich mich in den Baumarkt und forderte einen Mitarbeiter an, der mir erklären sollte, warum sich diese Federvorspannung nicht drehen lässt: Klar, nach rechts geht nicht, weil weiter geht das Teil nicht rein, aber ich möchte bitte federleicht durch die Gegend geschaukelt werden, deshalb muss die Vorspannung nach links, also heraus, gedreht werden, was sich aber nicht machen lässt!

Der nette Mitarbeiter holte einen Inbusschlüssel und drehte mit Leichtigkeit die Vorspannung heraus und wieder hinein. Und nochmals. "Geht doch!" schaute er mich fragend an.

Der nette Mitarbeiter sah vor sich einen gealterten Menschen, dessen Schultern weit nach unten gefallen waren, im Gleichklang mit seinen sämtlichen Gesichtszügen, außer dem Mund: der stand nämlich weit offen...

Freunde der Wahrheit, ich habe nicht die geringste Ahnung, was hier geschehen sein könnte! Ich bat darum, wieder heraus zu drehen und es so zu belassen. Insgeheim hegte ich wohl die Befürchtung, dass es zu Hause wieder nicht klappen könnte... Ich bin sicher, dass dieser Spezialist am Abend seiner Familie von einem seltsamen Typen mit nicht der geringsten Begabung zu irgendwas erzählen würde; und wie solle so einer das Ding dann überhaupt unter dem Sattel befestigen können!? Hahahahah...

Denen zeig' ich's! Aber erst am Mittwoch, denn dieser Tag war dermaßen herzaufgehend mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen nach den vergangen Regentagen, dass ich glatt auf dem Rückweg einen Umweg machte durch die herrlichen Naturlandschaften Ludwigshafens (Ja! Guckt nicht so! Die haben wir!) und dabei satte drei Stunden Glück tanken konnte. Zwar waren Poppes und Kreuz nicht unbedingt der gleichen Meinung, aber insgesamt profitierte doch die Seele am meisten davon. Etwas länger hätte ich schon gerne noch durchgehalten, aber der Akku bettelte nach Futter, und mein Magen auch.

Der Einbau der Sattelstütze war wahrhaftig keine Hexerei; man schiebt diese nämlich einfach in das Rahmenrohr und klemmt die Fixierung zu. Die Stütze aber an den Sattel zu bringen, war schon etwas kniffliger, und danach musste ich nach vier Fahrten je eine Korrektur vornehmen, bis der Sattel in der richtigen Position war. Bei der fünften Fahrt allerdings war das wieder vorbei: Ich hatte die Schrauben nicht richtig angezogen, wodurch der Sattel nach vorne rutschte und ich dabei fast vom Rad... 

Inzwischen ist Ruhe eingekehrt, so dass das Thema Sattelstütze geschlossen werden konnte.

Wackelpudding?

Am 6. Oktober, nachdem das letzte Problem keines mehr war, beschloss ich bei herrlichem Wetter, endlich den neuen Reifen aufzuziehen, der schon ein paar Wochen im Keller hing, so etwa ab Mitte August. Im letzten Buch schilderte ich, dass mir beim Transport des Reifens der Fingerring meiner verstorbenen Schwester verlustig ging. Ein Drama für mich, dieses Erinnerungsstück zu verlieren!

Nun endlich sollte der Reifen dran kommen, ich hatte das lange hinaus gezögert, zum Beispiel deshalb, weil die Gangschaltung nicht ging. Den Grund hierfür habe ich auch in meinem letzten Buch geschildert, aber ich gebe die Story hier in kurzen Worten wieder, damit ihr einigermaßen im Bilde seid:

Im späten Frühjahr hatte ich einen Reifen aufgezogen, der neuwertig war, aber bei einer wörtlichen 'Stand'zeit von gut sechs Jahren im Keller einen Schaden genommen hatte, den ich erst bei Fahren bemerkte: Seitdem weiß ich, warum Reifen immer aufgehängt werden. Der Reifen hatte an der Stelle, auf der er so lange vor sich hin stand, eine Unwucht abbekommen, die sich durch monotones Holpern bemerkbar machte; äußerst unangenehm. Beim Einbau des Hinterrades hatte ich die Nabenschaltung nicht mehr ihn die Reihe gekriegt, was aber nicht so tragisch war, da der Motor meines Rades ja auch funktioniert, wenn ich nur die Pedale bewege. Da ich aber praktisch gar keinen Gang mehr drin hatte, hielt der Akku nicht besonders lange durch, und außerdem ist das Anfahren schon sehr gewöhnungsbedürftig. Aber man gewöhnt sich ja fast an alles, wenn man nur genügend Zeit dazu hat...

Ich hatte schon lange im Internet eine Anleitung gefunden, wie man eine solche Schaltung richtig einstellt und mir die wichtigsten Punkte ausgedruckt. Jetzt dauerte es aber ein ganze Weile, bis ich diese Anleitung wieder fand; aber dann war es wirklich an der Zeit, mich darum zu kümmern: Im Sommer war es so mörderisch heiß in unserem Hof, dass an Arbeit nicht zu denken war, und bald würde es wohl zu kalt dafür sein.

Das Aufziehen des nagelneuen Reifens, den ich klugerweise diesmal nicht im Keller abgestellt, sondern aufgehängt hatte, war absolut kein Problem. Nur die Schaltung bekam ich teufelnocheins nicht zum Funktionieren! Da ich vor ein paar Tagen von meinem Stromlieferanten eine Rückzahlung bekommen hatte, wollte ich diese dem netten alten Herrn in der Fahrradwerkstatt zur Verfügung stellen, den ich oben schon beim Thema 'Sattelstütze' erwähnt habe. Der war aber in Urlaub. Natürlich.

Auf dem Rückweg sprang die Kette vom hinteren Ritzel, und ich kam außerdem in den Regen. Das mit der Kette kannte ich ja schon, aus der letzten Geschichte im letzten Buch, so dass ich damit gut klar kam. Nur: warum passierte das, schon wieder? Auch das mit dem Regen: Auf der letzten Rückfahrt vor drei Wochen oder so von diesem Mechaniker geriet ich ja in einen Wolkenbruch.

Das mit dem Regen lässt sich nicht erklären, wohl aber das mit der Kette: Auf der linken Hinterradseite hatte sich die Mutter gelöst, oder ich hatte sie nicht gut genug angezogen. Kette drauf, Mutter nachziehen, und gut is.

Denkste! Bei der nächsten Einkaufsfahrt wollte die Kette schon wieder nicht dort bleiben, wo sie hin gehört! Sackzement!

Das Rad wieder auf den Kopf gestellt, Mutter etwas gelöst um die Kette wieder aufziehen zu können, rechte Mutter angezogen, linke Mutter angezogen - diesmal recht heftig, auf dass sie sich nicht wieder lösen würde -, linke Mutter dreht durch. Wie ich auch...

Wie ihr wisst, sind diese Achsenmuttern so komische Teile, die wie ein langer, oben abgerundeter Hut aussehen. Im Keller fand ich einige Muttern ohne diesen Hut, und eine davon hatte tatsächlich auch die passende Gewindesteigung. Aufgeschraubt, heftig zugedreht, und gut is.

Tags drauf fuhr ich zum Einkaufen los und bemerkte, dass das gesamte Rad irgendwie instabil ist:  So wackelig kannte ich das Teil nicht! Was, zum teufelnochmal, war jetzt schon wieder los? Soll ich am Rheinufer anhalten und die Krise kriegen?

[Wird fortgesetzt, sofern ich nicht in den Rhein gesprungen bin, mitsamt Rad....]

Trennung vom Propheten

Ende September im Jahr 2024 kam ich gegen 17 Uhr von einem Doc zurück und wollte noch einkaufen gehen. Ich stellte das Rad an die Hauswand, schloss es mit dem schweren Panzerkettenschloss ab und begab mich nach oben, um meinen Einkaufsrucksack zu holen und eine Pinkelpause einzulegen.
20 Minuten später kam ich wieder runter und fand eine leere Hauswand vor: Mein Radl war weg! Am hellichten Tag geklaut!

Eigentlich ist es einfach für Profis: Mit einem Kleintransporter am Gehweg halten in einer überaus belebten Straße, Seitentür öffnen. Vier Meter bis zur Hauswand und das Rad schnappen und einpacken dauert kaum fünf Sekunden.  
Mein Schock dauerte allerdings wesentlich länger: Der zur Salzsäule erstarrte Kerl wurde erst wieder lebendig, als eine Nachbarin kam und fragte, ob ich etwa meinen Hausschlüssel vergessen hätte? Ich würde so aussehen! Ach was, stammelte ich noch völlig im Schock, es ist nur so, dass mein Rad weg ist...

Wisst ihr, wie eine leere Hauswand ausschaut, an der vorher noch ein teures Fahrrad stand?  Eher nicht. Ich muss so ausgesehen haben wie die Wand: leer und grau.

Zur Polizei ging ich natürlich nicht. Wozu auch? Das Rad wird nie wieder auftauchen, und außerdem hatte ich mir die Rahmennummer nicht notiert, die bei einer Diebstahlsanzeige gebraucht wird.

Nachdem der Schock überwunden war, überlegte ich: Das Bike war ja schon acht Jahre alt, und in den letzten Monaten war ich gar nicht mehr zufrieden, weil sich doch einige Mängel zeigten. Mit der Elektrik haperte es: Das Licht ging ständig an und aus, und manchmal ging der Motor aus und nicht wieder an, wenn ich links die Stärke des Antriebs regeln wollte. Meistens wollte das Rad schon losfahren, sobald ich die Elektrik einschaltete, obwohl ich noch daneben stand! So etwas finde ich einfach ungehörig. Also musste ich einige Male ein- und ausschalten, bis sich der Bock beruhigt hatte, oder ich sattelte zuerst auf und schaltete dann auf "Hü"; was ich aber meistens vergaß. Na ja, wenn ihr meine Kawa-Story gelesen habt, wisst ihr, wie sehr ich die Elektrik liebe...
Zudem knackten die Gelenke der Pedale, ähnlich wie bei mir selber. Manchmal drehten die Pedale auch ins Leere, weil irgendein Gang nicht dort bleiben wollte, wo er hin gehört. Hier finde ich allerdings keinen Vergleich zu meinem Körper...

Diesermaßen war die Schlussfolgerung unausweichlich: Pfeif auf die Trauer über den maroden alten Bock und lege dir einen neuen, jungen Bock zu! Und das geschah so:

Zündapp

Ich begab mich also ins Internet und stöberte bei LIDL, wo ich damals auch mein altes eBike zu einem Schnäppchenpreis ergattert hatte:  880 Euro statt 1.600, Auslaufmodell.

Ausführlich stöbern gehört zu meinen Spezialitäten; niemals würde ich ein auf den ersten Blick attraktives Angebot wahrnehmen, sondern, wenn es sein muss Stunden nach Alternativen und vor allem nach Testberichten und Käuferbewertungen Ausschau halten, selbst wenn es um kleinpreisige Dinge geht. Nach bestimmt zwei Stunden dieser Recherchen habe ich mich für ein eRad der Marke Zündapp entschieden, wobei - ich gebe es zu - ich schon beim ersten kurzen Stöbern auf dieses Angebot aufmerksam wurde: "-54 % auf den Neupreis, nur noch wenige Räder verfügbar!" Ähnliche Nachlässe, aber weniger, wurden auch bei anderen Rädern angeboten. Alles Auslaufmodelle, aber aus dem Baujahr 2024!

Kurzerhand legte ich das Teil in den Warenkorb, damit es mir keiner wegschnappen kann, während ich in meiner bekannten Manier weiter recherchierte. Schlussendlich beförderte ich das Rad aus dem Warenkorb in den Einkaufskorb: 884 Euro inklusive Versand! Dabei haute es mich glatt um, denn der Neupreis lag bei 1.960 Euro! Bei anderen Händlern fand ich dieses Rad ebenfalls; heruntergesetzt auf 1.100 Euro... 

Danach kaufte ich bei OTTO ein, vergleichbar mit Amazon, aber mit Rechnungsstellung statt Vorauszahlung, und natürlich ein deutsches Unternehmen mit Tradition. Rückspiegel erster Qualität, Fahrradkorb für den Gepäckträger, knallrotes Spiralschloss.

Ankunft des Rads am 17.10. Am nächsten Tag noch schloss ich online eine Hausratversicherung ab, die ein eBike einschließt: gebranntes Kind lernt dazu... Oder besser gesagt, ein Nachbar hatte mir diese Schutzmaßnahme empfohlen.

Hier Prospektbilder:

Erster Eindruck: Sehr stabil, wackelt nicht wie mein erstes eRad; Verarbeitung sehr gut; das Display ist übersichtlich und sehr funktionell mit allem, was ein Radler so braucht (oder auch nicht 😉); zusätzlicher Tacho mit Kilometerzähler (wie beim alten Rad) überflüssig. Genial: Batteriestandanzeige! Früher musste ich immer anhand der Kilometeranzahl abschätzen, ab wann ich vielleicht mit meiner schwachen Beinkraft richtig reintreten müsse; was mir tatsächlich auch ein paar Mal passierte: Manno, ist das Ding schwer, vor allem die Bahnübergänge hoch.

Fast 5 kg leichter als mein altes Rad, das macht schon einen Unterschied zu den alten 30 kg!

Ich freue mich!!!

Von der Fahrerei her vermisse ich allerdings etwas: Das alte Rad beschleunigte anstandslos bis zu 28 km/h; beim neuen geht die Unterstützung schon bei 24,8 km/h verloren: Will ich schneller fahren, muss ich mit eigener Kraft ziemlich schnell in die Pedale treten!

Diese Freude hielt allerdings nicht lange: Schon nach 12 Tagen wurde mein Radl geklaut, aus dem Hof!

Samstag gegen 15 Uhr abgestellt, Sonntag gegen 14 Uhr war es weg, als ich zu einer Spazierfahrt bei schönem Wetter aufbrechen wollte. Knapp vor einem Herzinfarkt knickten meine Beine ein, fassungslos starrte ich auf die leere Stelle! Gesichert mit diesem roten Spiralschloss an einem Kinderrad, das schon ein paar Jahre nutzlos herumstand.

Ich erstattete Anzeige bei der Polizei (online!), schickte diese Anzeige an die Versicherung und bekam den Schaden eine Woche später ersetzt.

Also nochmal das Rad bei LIDL bestellt, nochmal das Zubehör bei OTTO gekauft, allerdings diesmal mit einem einem Panzerkettenschloss.

Mein altes Bremsscheibenschloss (ein kleines Bügelschloss) vom Motorrad habe ich an dem Gitter des Lichtschachtes über dem Keller angeschlossen, wo es permanent bleibt. Das flexible Kettenschloss kann ich beim Parken im Hof vom unteren Fahrradrahmen ab durch den kleinen Bügel ziehen. Das Bügelschloss ist gar nicht zu knacken, das Kettenschloss nur mit einer tragbaren Stahlkreissäge. Das sollte reichen! Oder ein Dieb nimmt zwangsläufig die komplette Schachtabdeckung mit...

Ein paar andere Dinge kamen noch hinzu: Gefederte Sattelstütze ist ein Muss, mein Kreuz dankt es. Im Keller hatte ich noch drei andere Sättel liegen, alle hübsch gepolstert; einen traf meine Wahl. Dazu noch ein gepolsteter Sattelüberzug. Mehr Komfort geht nicht! Allerdings saß ich dann wenige Zentimeter höher, trotz völlig versenktem Sattelrohr, so dass ich gerade noch mit meinen kurzen Beinen zu den Pedalen kam.

Das Rad sieht zwar edel aus, aber grau/schwarz hat ja so gut wie jeder, und außerdem bin ich nicht gerade ein Fan von dunklem Zeugs. Klar gab es farblich attraktivere Räder, aber zu wenig attraktiven Preisen... Deshalb mussten wenigstens ein paar Farbtupfer her: Eine leuchtendblaue Klingel und ebensolche Pedale! Vielleicht finde ich im Lauf der Zeit noch andere farbenfrohe Kleinigkeiten; etwa blaue Bänder oder Kabel, die ich durch den Fahrradkorb flechten kann?

Was mir immer noch gewaltig auf den Strich ging ist das Abschalten des Motors bei 24, 8 km/h. Zwar ist dabei nur ein kleiner Ruck zu spüren, aber der ist nervig, weil es gleich danach wieder vorwärts geht mit einem gleich darauf folgenden Ausschalten der Motorunterstützung, und so fort.
Nach langen Recherchen hatte ich herausgefunden, wie man in das Setup des Fahrradcomputers gelangt. Dort gibt es eine Menge Einstellmöglichkeiten, bspw. die Regelung der Geschwindigkeit, bei der der Motor seine Unterstützung einstellen soll: Grundeinstellung 25 km/h. Dieser Wert ist beliebig einstellbar! Nur: Ich erhöhte den Wert auf moderate 30 km/h, aber es funktionierte nicht! Offenbar wurde diese Einstellung im Controler des Computers vom Hersteller gesperrt...

Nun muss ich mich also damit abfinden und sicherlich daran gewöhnen, irgendwann.