Es gibt leider nur wenige Dokumentationen, die mich als Lehrer in der Erwachsenenbildung zeigen.
Diese hier stammen aus den Anfangszeiten:
Mein erstes Seminar in Speyer, 1986.
Ich hatte meinen Unterrichtsraum über die Ostertage mit Hilfe eines Freundes eingerichtet. Dieser Raum war richtig edel: ehemaliges Sitzungszimmer einer kleinen Brauerei. Die ersten drei Monate war ich völlig alleine dort, dann kam eine Kollegin ins Erdgeschoss, die eine Umschulung zum Industriekaufmann leitete.
Wir waren völlig auf uns allein gestellt; einmal im Monat kam jemand aus der Hauptstelle in Andernach und fragte an, ob denn alles läuft...
Satte sechs Monate Unterricht in den Fächern EDV, allgemeine Betriebswirtschaft, Materialwirtschaft (also Einkauf und Lagerhaltung), Marketing und Werbung, Buchführung, kaufmännischer Schriftverkehr (mit richtigem Deutsch!). Dazu kam noch Bewerbungstraining.
Die Fächer waren mir vorgegeben, sämtliche Ausarbeitungen musste ich aber selbst erstellen! Jedes Fach - außer Bewerbungstraining - gliederte ich in einen theoretischen und einen praktischen Teil.
Für die Praxis hatte ich elf PCs zur Verfügung, die üppig ausgestattet waren: zwei Diskettenlaufwerke, aber keine Festplatte! Dafür kostete jeder PC zu dieser Zeit rund 6.000 DM (~3.000 Euro).
Die Zeit war sehr lang: Um 4 Uhr 30 klingelte mein Wecker, um 6 Uhr 02 fuhr mein Zug ab, um 18 Uhr 30 war ich wieder daheim. Dann noch eine Stunde Vorbereitung für den nächsten Tag; ein wenig Entspannung, und um 20:30 ging es ins Bett...
Eine harte Belastungsprobe für meine Beziehung, zumal die Wochenenden drauf gingen für Vorbereitungen und vor allem für die Erstellung von Übungen für die Praxisteile: z.B. Erstellen von kompletten Buchungsvorfällen mit sämtlichen Belegen...
Die Bezahlung? Eher ein Witz. Selbst die Monatskarte für die Bahn ging auf meine Rechnung.
Okay, ich verrate es: 2.800 DM brutto (~ 1.400 Euro, vor Abzügen!). Das entsprach in etwa dem Verdienst eines Teppichverkäufers .
Etwas Gutes war aber dennoch daran: Buchführung kapierte ich zum ersten Mal richtig, weil ich sie ja unterrichten musste...
Und: Da ich komplett ins kalte Wasser geworfen wurde und so etwas nie zuvor gemacht hatte, lernte ich eine Unmenge! Das Lehren schien mir zwar in die Wiege gelegt worden zu sein, dennoch war ich nach diesem Lehrgang gereift; auch was die psycho-soziale Komponente betraf: Schließlich kann es in einer solch großen Gruppe über einen so langen Zeitraum nicht ständig homogen zugehen. Ich hatte das aber alles im Griff...
Eine tolle Zeit war das, trotz aller Plagen und Entbehrungen! Diese Zeit hat mich geprägt und für andere Aufgaben vorbereitet.
Hinweis: Diese Geschichte habe ich ausführlich in meinem Buch "Kleine Episoden" beschrieben. Siehe hier!
Zweiter Einsatz in einer Übungsfirma in Landau, 1987
Was ist eine Übungsfirma?
Das ist eine Bildungseinrichtung, die nach dem Prinzip einer echten Firma aufgebaut ist. Es gibt also alle Abteilungen, die in einer kleinen Firma auch in der Realität vorhanden sein müssen, bis hin zur Poststelle.
Damit eine solche Einrichtung auch die Nähe zur Realität abbilden kann, haben sich bundesweit rund 700 Übungsfirmen zu einem Bund zusammengeschlossen, dem Übungsfirmenring. Zwischen diesen fiktiven Firmen läuft Handel ab, der sich nur in einem einzigen Punkt vom echten Leben unterscheidet: dingliche Waren fehlen logischerweise! Diese Marktwirtschaft unter den Übungsfirmen erfolgt ausschließlich über die Bürokratie.
Aber das ist vernachlässigbar: Ein Sachbearbeiter im Einkauf muss nicht in ein Lager gehen, denn er führt seine Bücher; gleiches gilt den Verkauf oder die Produktion.
Lediglich die dingliche Jahres-Inventur entfällt, sie wird durch die buchhalterische ersetzt.
Gesteuert werden z.B. Sonderfälle durch die Zentralstelle der Übungsfirmen, indem ich als Ausbilder beispielsweise mal einen Scheck oder Wechsel 'platzen' lassen kann; ein solcher Fall wird von den dortigen Kollegen realitätsnah durchgespielt, was bis hin zu einem Gerichtsverfahren gehen kann!
Einmal ließ ich in meiner Abteilung 'Produktion' eine Druckmaschine ausfallen: Es war höchst interessant, welche Konsequenzen das nicht nur in unserer Übungsfirma hatte, sondern auch in vielen anderen, die von unseren Lieferungen abhängig waren.
Diese Art der Schulung ist somit äußerst effektiv.
Die Teilnehmer wurden in einem Zeitraum von 7 Monaten in der Regel in zwei dieser Abteilungen fit gemacht für das echte Berufsleben. Dazu kommen selbstverständlich theoretische Lehrstoffe, die unabdingbar sind für Erweiterungen und Vertiefungen des kaufmännischen Wissens.
Der 8. Monat war für ein Praktikum bestimmt, in dem die Teilnehmer ihre Fähigkeiten in realen Firmen beweisen konnten. Unsere Vermittlungsquote betrug in den zehn Jahren, in denen ich dort tätig war, regelmäßig um die 85% - was eine beachtliche Zahl ist!
Unsere Übungsfirma FORMU LA befasste sich mit der Herstellung von Drucksachen: FORMULARE LANDAU. Wir waren zwei Ausbilder mit insgesamt 24 Teilnehmern. Unterstützt wurden wir mit Know How einer realen Druckerei; eine solche Patenschaft ist bei allen Übungsfirmen üblich.
Meine anfänglichen Abteilungen waren: Marketing und Verkauf, Personalwirtschaft, Poststelle und die Produktion. Letztere war ungeheuer schwierig, weil ich mit dieser Richtung noch nie befasst hatte: Ich musste viele 'Lehrstunden' in unserer Patenfirma ableisten, um diesen Bereich in den Griff zu bekommen!
Aus organisatorischen Gründen gab ich Poststelle und Personalwirtschaft nach drei Jahren an meinen Kollegen ab und übernahm dafür den Bereich 'Einkauf'. Somit hatte ich alle Abteilungen unserer kleinen 'Firma' als Chefausbilder betreut, bis auf die Finanzbuchhaltung; diese übernahm ich als Urlaubsvertretung.
Die theoretischen Unterrichte leistete ich in all diesen Bereichen - außer Finanzbuchhaltung; zusätzlich noch in EDV - was ich praktisch in allen Bereichen unserer Übungsfirma tat, weil mein Kollege auf diesem Gebiet kaum bewandert war.
Eine Besonderheit dieses Übungsfirmenrings war, dass es jährlich eine Zusammenkunft gab, abwechselnd in Kassel und in Nürnberg: die Internationale Übungsfirmenmesse!
Ja, es gab auch in anderen europäischen Ländern diese Art der Fortbildung; nicht in dem Ausmaß wie bei uns, aber immerhin!
Ich war noch kaum zwei Monate da und wurde schon 'überfallen': Ich sollte unseren Stand für diese Messe gestalten und unseren Auftritt in Nürnberg organisieren!
Dieses Bild zeigt mich in unserem Stand: Der Chef mit Krawatte! Eine absolute Seltenheit...
Hier bin ich gerade am Erklären in der Abteilung Personalwirtschaft:
Übrigens ein Unding von mir: Hoch gekrempelte Ärmel gehören sich nicht für einen Vorgesetzten!